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AG BeNe
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"Der Klang der Kirchenglocken entspricht dem, was die UNESCO als immaterielles Kulturerbe geschützt und erhalten wissen will: Er ist ein textloser und damit für Menschen aller Sprachen, Kulturen und Religionen anschlussfähiger Naturton-Klang, erzeugt durch das Artefakt hochkultureller handwerklicher Tradition.
Er ist Kultur im umfassendsten Sinne: ein Teil allgemeine Lebensgestaltung (Uhrenschlag), ein Teil Friedensarbeit (Friedensglocken z. B. in St. Anna Köln-Neuehrenfeld oder in der Christuskirche Karlsruhe), ein Teil Brauchtum (z. B. Totensonntagsgeläut), ein Teil Kunst (Carillon-Spiel), ein Teil kollektives kulturelles Gedächtnis (z. B. Glockengeläut zum Jahrestag des Mauerfalls) und ein Teil Religion (Einladung zum Gottesdienst sowie Markierung wichtiger liturgischer Momente)."
Meine Meinung Für manche Menschen erinnert ein bestimmter Glockenklang leider auch an schlimme Dinge und Erfahrungen!
Quelle: https://www.ekd.de/kirchen-freuen-sich-ueber-wuerdigung-von-glockenguss-tradition-89346.htm
Einige haben sich schon gefragt, was diese Meldung denn mit Missbrauch und Aufarbeitung durch die Kirche zu tun hat?
Nun, es gibt einige Parallelen, was den Umgang mit - für die Kirche - schwierigen(!) Themen angeht, hier die unsäglichen Verstrickungen der evangelischen Kirchen mit dem NS-Regime und das jahrzehntelange Verschweigen dazu.
Seit 2017 öffentlich über die Existent und weitere liturgische Nutzung der sog. Hitlerglocke in einer Kirche an der Weinstrasse berichtet wurde, tut sich die evangelische Landeskirche der Pfalz extrem schwer mit dem Umgang damit:
- Erst wurde die Meldung ignoriert und die Zuständigkeit verneint,
- dann das Ganze als Einzelfall irgendwie schöngeredet,
- danach fragwürdige Gutachten beauftragt,
- zusätzlich der Gemeinde 50000 Euro für einen Glockentausch angeboten (Hinweis: Die Glocke gehört gar nicht der Kirchengemeinde, hängt aber im maroden Kirchturm) ,
- 2021 endlich ein Gesetz durch die Landessynode zum Umgang mit belasteten Devotionalien verabschiedet und
- am Ende wieder eine Art Studie beauftragt. Dabei sollten Kirchengemeinden solche geschichtsbelastenden Objekte melden in ihrer Kirche.
Ziel ist es, eine bessere #Erinnerungskultur zu schaffen – also offen über die Vergangenheit zu sprechen und aus ihr zu lernen.
Allerdings ist die Beteiligung eher gering: Nur etwa 100 von 430 Gemeinden hatten sich bis 11.2023 zurückgemeldet. Das zeigt wohl, dass viele Gemeinden sich mit dem Thema noch nicht(!) ernsthaft auseinandersetzen.
Im Fall um die „Hitlerglocke“ hatte sich auch die Kirchenleitung in Speyer nicht klar geäußert. Sie hat auch keine nachvollziehbare Entscheidung getroffen, ob die Glocke im Turm bleiben oder entfernt werden soll. Das wurde in der Öffentlichkeit stark kritisiert.
Während sich andere Landeskirchen zeitnah positioniert und für die Entfernung dieser Gegenstände gesorgt haben, schafft es die Präsidentin der pfälzischen Landeskirche offensichtlich nicht, hier ein m.E. eindeutigen Beschluss der Synode umzusetzen.
Obwohl es seit 2021 das o.g. Kirchengesetz gibt, das den Einsatz von rassistischen oder nationalsozialistischen Symbolen im Gottesdienst verbietet, bleibt noch immer unklar(!), wie nun konkret damit umgegangen werden soll.
Die Kirchenleitung gibt laut Aussage nur Empfehlungen – entscheiden müssen die Gemeinden(!) selbst.
Kommt dies nun im Zusammenhang nicht bekannt vor?
Und dann noch dieser Hinweis:
Die auch in dieser Sache erfolglose Präsidentin der pfälzischen Landeskirche ist ja nebenbei auch noch Sprecherin der Beauftragten im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt (BeFo)!
Quelle:
„Was tun mit "Hitlerglocken" und Kriegerdenkmälern?“
Artikel vom 13.11.2023 in evangelisch.de
Ich schätze Deine/Ihre Beiträge sehr! Das ist wieder so ein 'Klassiker'.
Dieser Post trifft es wieder auf den Punkt: Verantwortungsdiffusion, Bystandertum - von Kulturwandel keine Spur.
Leider ist ernsthafter und geschützter Austausch auf BeNe nicht möglich. Und ohne Bereitschaft ernsthaft in kontinuierlichen Austausch zu gehen und ernsthaft umsetzen zu wollen, können wir noch so viel benennen...
Achtung: Trigger maximal möglich. Doch das ist ein Kernproblem:
Aktuell müssen wir (unfreiwillig) Nicht-Gläubigen/ "Ausgestossenen" doch maximal Rücksicht auf die Befindlichkeiten der Gläubigen nehmen (und die bezahlten Urlaubstage nach den Frühjahrssynodentagen, die ja so arbeitsintensiv sind)
Schließlich ist Ostern das Fest der Vergebung.
Ich verzichte auf Bibelzitate ( deren Aufarbeitung/ Aktualisierung auch wichtig wäre!)
Wie übt man Vergebung?
"Verzeihen lernen in 5 Schritten
- Die Kränkung Revue passieren lassen. Analysieren Sie zunächst – am besten schriftlich –, was genau Sie nicht verzeihen können. ...
- Alternativen der Verzeihung abwägen. ...
- Bewusst für die Vergebung entscheiden. ...
- Die neue Haltung üben. ...
- Dem anderen ohne Kontakt verzeihen."
Wie können wir uns da anmassen, zu stören?
(es handelt sich hier um eine sarkastische Meinungsäußerung (eine Form von Selbstschutz aufgrund sich wiederholender triggernder, retraumatisierender, trotz Benennung übergangener Gegebenheiten im Hier und Jetzt ( z.B. das tägliche Glockengeläut allüberall))
Über das erste Ergebnis der Studie (ich würde es bisher eher Inventur nennen) wurde dann im Januar 2025 von SWR berichtet, die Evangelische Kirche der Pfalz hat nun seit letzter Woche (8.4.2025) auch etwas auf ihrer Homepage dazu publiziert:
Kriegerdenkmäler, Sandsteinplastiken, Kirchenfenster, Glocken: Rund 180 Projekte listet das Pilotprojekt „Belastendes Erbe“ der Evangelischen Akademie der Pfalz auf. Seit rund zwei Jahren haben Marie F. und Luisa D. in Kirchengemeinden der Evangelischen Kirche der Pfalz historisch problematische Objekte aus der Zeit des Deutschen Reiches (1871 – 1945) zusammengetragen.
Derzeit werden die Ergebnisse wissenschaftlich aufgearbeitet, zum Jahresende sollen sie in einer Internetpräsenz veröffentlicht werden.
...
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Die Evangelische Kirche der Pfalz hat bei der Aufarbeitung ihrer Geschichte eine gesellschaftliche Vorbildfunktion, betont die Projektmitarbeiterin.
„Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft gestalten.“ Deshalb ist das Wort Erbe im Titel des Projekts so passend. „Ein Erbe habe ich, damit muss ich mich auseinandersetzen“, sagt Deininger. Wer sich aber damit beschäftigt hat, ist künftig nicht mehr so angreifbar.
Meine Meinung:
Leider in dem Artikel kein quantitativer Hinweis auf die Anzahl der wirklichen Rückmeldungen der befragten 400 Gemeinden oder zur NS-Glocke, deren allgemeine Offenlegung im Jahre 2017(!) ja zu dem besagten Kirchengesetz ("Lex Herxheim") und auch zu dieser Aktivität geführt hat.
Merke: Verschweigen unangenehmer Tatsachen ist noch keine Aufarbeitung!
Die Kirchenleitung gibt laut Aussage nur Empfehlungen – entscheiden müssen die Gemeinden(!) selbst.
Nun in der besagten Gemeinde an der Weinstrasse wurde anfangs noch weitere Aufarbeitungsaktivitäten zugesagt und gestartet; nach einigen Vorträgen kam aber Corona und damit war das Thema dann erledigt.
Weil es offensichtlich auch nicht interessiert, warum bereits 1933 in der Gemeinde eine Pro-NSDAP-Stimmung vorherrschte oder warum diese Glocke jahrzehntelang auch für Gottesdienstzwecke weitergenutzt wurde und die ev. Landeskirche der Pfalz vor der "Offenlegung" noch Kirchensteuermittel für den Weiterbetrieb dieser Glocke ausgab. Wohlgemerkt, die Glocke gehört der politischen Gemeinde und eben nicht der Kirchengemeinde.
"Die Mehrheit im Gemeinderat entschied, die Glocke hängen zu lassen, sie wieder in Betrieb zu nehmen und an der Kirche eine Gedenktafel(!) anzubringen, die auf ihre Geschichte hinweist.
Das Ergebnis wurde im Publikum zum Teil mit Applaus(!) aufgenommen. „Der Beschluss des Gemeinderats entspricht auch dem Wunsch der Gemeinde“, sagte ein Bürger."
Es gibt zum Glück eine Initiative, die - neben den kritischen Stimmen aus Politik und Gesellschaft - aktiv für das Abhängen dieser Glocke eintritt. Leider musste man auch hier erkennen, dass die Landeskirche in Person der aktuellen Kirchenpräsidentin (und Sprecherin im #BeFo) , durchaus eigene Interessen verfolgte. Trotz vorher erklärtem und angeblichen Konsens im Umgang mit dem "belastetem NS-Erbe":
Die Initiative „Hitlerglocke in Herxheim am Berg abhängen“ distanziert sich von dem Vorhaben der Oberkirchenrätin der Evangelischen Kirche der Pfalz und zukünftigen Kirchenpräsidentin Dorothee W., die Hitlerglocke hängen zu lassen. Die Sprecher der Initiative Richard E. und Ulrich L. erklären folgendes:
Für den 07.09.2020 hatte Frau W. Vertreter der Kirchen- und Ortsgemeinde Herxheim am Berg, des Dekanats Bad Dürkheim, sowie E. und L. zu einem Meinungsaustausch eingeladen.
Das Gespräch war als interne Maßnahme zur Vertrauensbildung(!) zwischen den unterschiedlichen Standpunkten zum Problem Hitlerglocke angekündigt. Diese Voraussetzungen wurden jedoch nicht eingehalten.
In der Gesprächsrunde tauchten völlig überraschend Vertreter der Denkmalsbehörden auf, die nicht auf der Einladungsliste standen. Damit war die Ausgewogenheit der Gesprächsrunde ausgehebelt.
Frau W. verfasste, unterschrieb und versendete eine Niederschrift der Sitzung, ohne sich darüber mit den Beteiligten abgestimmt zu haben. Das Protokoll ist deswegen formal und inhaltlich ungültig. Der Inhalt des beanstandeten Protokolls sprach sich, wie nicht anders zu erwarten, bis zu Mitgliedern der Synode herum, die sich am 19.09.2020 zur Kirchenpräsidentenwahl in Speyer versammelt hatten.
In der Befragung zum Thema Hitlerglocke bezog sich Frau Wüst auf die Dürkheimer Gesprächsrunde und das fragliche Protokoll. Sie deutete eine sich abzeichnende Lösung an. Ausschlaggebender Bestandteil dieser Lösung sei, so Frau Wüst wörtlich, dass eine Abhängung der Glocke „im Moment in Herxheim nicht der Punkt ist“.
Quelle: "Petition „Hitlerglocke abhängen“ bei Change.org
Auch wenn die besagte Glocke noch immer im maroden Turm der Jakobskirche hängt, so hat die Offenlegung und Kritik in Form der Petition doch einiges erreicht:
Die Petition will erreichen, dass die Hitlerglocke in Herxheim am Berg in einem öffentlich zugänglichen Raum (Museum..) für jeden sicht- und wahrnehmbar ausgestellt wird. Wir wollen sie, die Glocke, zum „Sprechen“ bringen. Das heißt: über Bild, Ton, Schrift, Internet.. sollen folgende Fakten über den Kirchturm hinaus bekannt werden:
- dass die Hitlerglocke in Herxheim am Berg ungestraft bis zur Stilllegung über Jahrzehnte hinweg läutete, zu Hochzeiten, Konfirmationen, Beerdigungen…
- dass weder Kirchenleitung in Speyer noch Presbyterium noch Gemeinderat daran Anstoß nahmen
- dass der Glockenstuhl einschließlich Hitlerglocke 2012 / 2013 aufwändig unter Aufsicht der kirchlichen Behörden saniert wurde
- dass Kirchenglocken in der Nazizeit vor den Karren der Propaganda gespannt wurden, indem sie akustisch die Feld- und Raubzüge der Wehrmacht, die Führergeburtstage und v.a.m. feierlich überhöhten.
Die Herxheimer Hitlerglocke. -trotzalledem-, sie hängt immer noch. Ist also außer ihrer Stilllegung nichts erreicht?
Wer solches behauptet, übersieht, dass der Herxheimer Glockenskandal zum Anlass wurde, bundesweit die Kirchtürme auf Naziglocken zu überprüfen.
Es entstanden beispielgebende Initiativen, wie mit abgehängten Naziglocken umgegangen werden sollte.
Davon seien stellvertretend genannt:
- Schaffung eines Glockenraums für die Naziglocke aus Hanweiler im historischen Museum der Saar,
- geplante Ausstellung der Hakenkreuzglocke im Gemeindezentrum in Faßberg / Niedersachsen,
- die Verbringung der Glocke aus Tambach-Dietharz, -dem „Christus der Deutschen“ gewidmet-, ins `Entjudungsinstitut´ Eisenach.
Meine Meinung
Es ist wünschenswert, wenn im Rahmen der Aufarbeitung des sexualisierten Missbrauchs in der evangelischen Kirche über vergleichbare Initiativen und Aktivitäten intensiver seitens der Kirchen und insbesondere des BeFos berichtet wird und diese Aktivitäten so unterstützt werden.Das wäre hilfreich für die geforderte #Erinnerungskultur, aber auch für die Vernetzung von Betroffenen.